Timo Maschmann zieht nach 25 Spielzeiten des Euregio-Musikfestivals und Corona-Jahren eine Zwischenbilanz

„Klassik – modern, vielschichtig, locker“

Faszinierende historische Konzertorte und die herausragenden jungen Künstler sind es, die seit vielen Jahren das Euregio-Musikfestival in der Region zwischen Osnabrück, Enschede und Münster auszeichnen. Wir sprachen mit Festival-Gründer Timo Maschmann über die vergangenen 25 Ausgaben des Festivals, das auch mit einer Corona-Unterbrechung zu kämpfen hatte. Ergebnis: Der Neuaufbruch in die Zukunft ist geglückt.

Mit jungen Spitzenmusikern, vielseitigen Programmen und der besonderen Atmosphäre der jeweiligen Veranstaltungsorte setzt das Euregio-Musikfestival seit mittlerweile 25 Jahren spannende Akzente für die Musikfreunde. Dabei ist der Grundstein des Festivals von jeher die Förderung hochtalentierter Musiker im Städtedreieck Osnabrück – Münster – Enschede/Hengelo. Kurz nach Abschluss der Silber-Saison befragten wir Festivalgründer und Konzertmanager Timo Maschmann aus Osnabrück.

Das Euregio- Musikfestival hat kürzlich die Saison-Türen geschlossen. Wie bewerten Sie die zurückliegende Silbersaison?

Timo Maschmann: Die wunderbaren Konzertorte und die herausragenden jungen Künstler sind es, die seit Jahren das Euregio-Musikfestival auszeichnen – so auch in diesem Jahr. Neu war die Mischung aus jetzigen Stars, die vor mehr als 20 Jahren als aufstrebende Künstler mitwirkten, und begeisternden neuen Ensembles, die das Publikum beeindruckt haben – wie etwa. das Multiphonic Saxophon-Quartett.

Hat sich das Konzept der Musikreihe in den vergangenen Jahren bewährt? Welche Veränderungen und besonderen Entwicklungsschritte sind Ihnen gegenwärtig?

Maschmann: Ich denke: Ja! Die Zuschauer genießen seit jeher die Nähe zu den Musikern, die in atmosphärisch einmaligen Orten wie dem Rittersaal im Schloss Bad Iburg, dem Wasserschloss Haus Marck oder auch in Sassenberg im Schloss Harkotten zu erleben ist. Veränderungen sind durch die Corona-Epidemie entstanden. So hat sich der Start des Euregio-Musikfestivals von April auf Mai verschoben, und fast die Hälfte der Konzerte sind mittlerweile open air angesetzt.

Corona hat mit finsteren Sichelschnitten den Kulturbetrieb von 2020 bis 2022 großflächig beeinträchtigt, häufig sogar komplett stillgelegt. Wie sind Sie durch diese Zeit gekommen?

Maschmann: Tatsächlich mussten wir drei Wochen vor dem erstmals geplanten 25. Euregio-Musikfestival 2020 alle Konzerte absagen. Im ersten Moment eine in jeglicher Hinsicht merkwürdige Situation – für uns, die Musikerinnen und Musiker und alle Partner und Sponsoren. Der Staat hat aber Unterstützung geboten, was der Firma geholfen hat, die Zeit zu überstehen. Dafür darf man dankbar sein – ich bin es jedenfalls.

Jeder Krise wohnt eine Chance inne. Was haben Sie aus der Zeit der Pandemie für Ihre Kulturarbeit gelernt?

Maschmann: Die Lockerheit sowohl bei den Musikern als auch beim Publikum hat deutlich zugenommen. Das mag ich, denn es entspricht meinen Vorstellungen, klassische Musik zu veranstalten und zu erleben. Für mich ist Klassik modern, vielschichtig und zeitlos. Sie soll zulassen, dass sich Menschen mit ihr vernetzen, die sich das normalerweise gar nicht vorstellen können. Wir tun mittlerweile alles dafür, auch junge Menschen hierfür zu verzaubern. Und die Pandemie hat hierzu beigetragen, denn wir haben in dieser Zeit mit dem „Klassik open air Osnabrück“ eine weitere Konzertreihe mit zehn Veranstaltungen ausschließlich mit Jugendensembles und -orchestern ins Leben rufen können – dank der Förderung von „Neustart Kultur“ der Initiative Musik. Solche Anträge zu stellen, das haben wir in dieser Zeit gelernt. Nun spielt zum Abschluss in diesem Jahr am 9. August das Bundesjugendorchester auf dem Campus St. Angela in Osnabrück Mahlers 1. Sinfonie und Brahms’ Doppelkonzert mit Antje Weithaas und Maximilian Hornung unter Leitung von Marc Albrecht. Dazu haben alle Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre freien Eintritt. Ein berührendes Konzert an einem tollen Ort.

Wie geht es im kommenden Jahr weiter, wie schätzen Sie die Lage für Festivals dieses Zuschnitts ein?

Maschmann: Eigentlich gut, denn die Euphorie beim Publikum für solche Konzerte ist meiner Meinung nach gestiegen. Ich habe das Gefühl, dass die Menschen Entspannung, Hingabe und Schönheit mehr verinnerlichen und genießen können. Die Reaktionen und Rückmeldungen lassen darauf schließen.

Gibt es Verpflichtungswünsche oder besondere Träume, die Sie mit dem Euregio-Festival verwirklichen möchten?

Maschmann: Das ist nicht einfach zu beantworten, da wir immer auf der Suche nach außergewöhnlichen Interpretinnen und Interpreten mit großartiger Bühnenpräsenz sind. Wer morgen diese Qualität mit sich bringt, ist heute schwer zu benennen. Beispielsweise habe ich vor drei Jahren durch Zufall den Cellisten Michiaki Ueno gehört und dann kennengelernt. Bereits nach seinem ersten gespielten Ton war ich fasziniert und habe ihn 2020 zum ersten corona-möglichen Sommerkonzert eingeladen. Mittlerweile sind wir eng vernetzt. Im Oktober 2021 gewann er den 1. Preis beim Internationalen Musikwettbewerb in Genf. Für solche Entwicklungen hat sich das Euregio-Musikfestival einen Namen gemacht – hierzu zählen Künstler wie Till Brönner, Daniel Müller-Schott, Roger Cicero, das Artemis Quartett, Max Raabe und einige andere, die wir entdeckt und eingeladen haben, bevor sie der großen Masse bekannt waren.

Wie schätzen Sie generell das kulturelle Potenzial der Region Osnabrück/Münster/Niederlande ein?

Maschmann: Sowohl Osnabrück als auch Münster sind durch ihre Theater zwar in der Klassikwelt vertieft, aber bislang – im Gegensatz zu Enschede – nicht mit eigenen Konzerthäusern, was für die Entwicklung junger Menschen in diesem Bereich nicht hilfreich ist. Münster hat sich hier nun neu positioniert.

Münster hat sich ja mit großem Ach und Krach für einen Musik-Campus entschieden. Ab 2030 auch ein Standort für Ihr Festival?

Maschmann: Sicherlich. Insbesondere für Konzerte mit dem Euregio Festival Orchestra – für 18- bis 28-jährige Musikstudenten aus Europa – oder dem Euregio Academy Orchestra für 14- bis 24-jährige Schülerinnen und Schüler vorwiegend aus der deutsch-niederländischen Grenzregion. Mit solchen Angeboten in Verbindung mit inspirierenden Räumlichkeiten kann sich die Region immer besser vernetzen.

Ticketreservierungen für das Konzert des Bundesjugendorchesters mit Antje Weithaas und Maximilian Hornung am 9. August in Osnabrück gibt es unter 05 41/40 71 28 73 und unter der der E-Mail-Adresse­ ticket@euregio-musikfestival.de