Detailuntersuchung für Gelände der ehemaligen Pharmazie / Hörster Parkplatz und Areal im Bereich Schloss scheiden aus
Der Rat der Stadt Münster wird in Kürze die Weichen stellen, ob die Stadt gemeinsam mit der Westfälischen Wilhelms-Universität einen Musik-Campus für die Westfälische Schule für Musik und das Sinfonieorchester der Stadt und für die Musikhochschule der Universität realisiert. Auch die freie Kultur- und Musikszene würde in das Konzept des Musik-Campus eingebunden. Die Verwaltung bringt dazu in der Sitzung am 11. September eine Vorlage ein. Sie wird in den kommenden Wochen in den Ausschüssen beraten und kann am 9. Oktober vom Rat verabschiedet werden. Die Beschlussempfehlung ist eindeutig: „Der Rat erklärt seinen ausdrücklichen Willen zur Errichtung eines Musik-Campus.“
„Das Sinfonieorchester leidet unter der Akustik im Großen Haus und hat nicht einmal ausreichend Platz zum Proben, die Musikschule und die Musikhochschule platzen aus allen Nähten, die freie Musikszene benötigt Raum für Konzerte und Produktionen. Der Musik-Campus kann für sie alle die neue gemeinsame Adresse mit überregionaler Ausstrahlung bilden“, sagte Oberbürgermeister Markus Lewe. „Das ist eine einmalige Chance für ein Jahrhundert-Projekt, das die Musikstadt profiliert und der Musik in dieser Stadt für die Zukunft den ihr gebührenden Stellenwert verschafft und sichert. Münster bekommt damit einen offenen Ort für die Stadtgesellschaft und einen Ort der Bürgerkultur“, so der Oberbürgermeister vor den Medien.
Dass das Kooperationsprojekt von Stadt und Universität den Rahmen des Üblichen sprengt, zeigte sich bei der Zusammensetzung der Pressekonferenz. Zusammen mit OB Lewe bezog WWU-Rektor Prof. Dr. Johannes Wessels Stellung zur Ratsvorlage aus der Stadtverwaltung.
Das Musik-Forum würde für alle Beteiligten einen Konzertsaal mit 1200 Plätzen schaffen, führte der Uni-Rektor aus. Für Konferenzen wäre der Saal auf 1500 Plätze erweiterbar. Der Campus wäre „Ort für alle“ – fester Sitz der drei Partner Musikschule, Musikhochschule und Sinfonieorchester und nicht zuletzt auch erste Adresse für externe Konzertveranstalter. Prof. Wessels: „Er ist ein Ort für die ganze Stadtgesellschaft. Der Stadtgesellschaft, als deren Teil sich die Universität mit ihren Wissenschaftlern, Studierenden und Beschäftigten ausdrücklich versteht.“
Ein Gutachten der Metrum Managementberatung sieht für den Musik-Campus drei Gebäude mit insgesamt etwa 17 500 qm Nutzfläche vor.
– Davon entfallen rund 7000 qm auf das gemeinsam genutzte Hauptgebäude mit Konzertsaal, der auch als Konferenzsaal genutzt werden kann, mit Kammermusiksaal, Pop-Bühne, Werkstattbühne und Räumen für Proben und zum Üben.
– Das 6800 qm große Gebäude der Musikhochschule enthält unter anderem Unterrichts-, Übe- und Seminarräume sowie Arbeitsräume für Studierende.
– Die Westfälische Schule für Musik benötigt etwa 2800 qm für Unterricht und Aufführungen, einschließlich einem Tonstudio und Raum für digitale Tonproduktion.
– Das Sinfonieorchester hat einen Raumbedarf von zirka 900 qm; es kann unter anderem den Konzertsaal, die Proberäume und eine Orchesterbühne für bis zu 100 Musiker nutzen.
Am Bedarf besteht kein Zweifel. „Die räumliche Infrastruktur für Musikschaffende und Musikbegeisterte hat in Münster ein Niveau weit unter dem vergleichbarer Großstädte“, konstatiert die städtische Kulturdezernentin Cornelia Wilkens. „Dieses Defizit, gewissermaßen ein ’negatives Alleinstellungsmerkmal‘, würde der Musik-Campus beseitigen. Stadt und Universität hätten auf einen Schlag seit langem benötigte Räume, die Stadtgesellschaft hätte ein Haus der Musikkultur mit Strahlkraft.“ Der künftige Musik-Campus wird nach den Worten der Kulturdezernentin für eine engere und vertiefte Zusammenarbeit zwischen allen Musikakteuren in Münster stehen. Es wird ein einzigartiger Ort, an dem die Grenzen zwischen den Genres, der Ausbildung und des gemeinsamen Musizierens fließend sind.
Den Bedarf belegen auch Zahlen aus der Musikszene: 7200 Schülerinnen hat die städtische Musikschule, 5000 musizieren in kirchlichen Ensembles, es gibt 250 Jazz-, Rock- und Pop-Bands, 5000 musizieren in Chören, Orchestern und Bands der Universität, dazu kommen 500 Musikstudierende und ihre 200 Lehrenden an der Universität, das Sinfonieorchester mit 70 Mitgliedern – und nicht zuletzt die 20 000 regelmäßigen Besucher der Aaseerenaden oder in diesem Jahr die 10 000 Besucher von Münster-Musik an Pfingsten auf dem Prinzipalmarkt.
Auch zu einem möglichen Standort äußert sich die Ratsvorlage. Stadtbaurat Robin Denstorff: „Der Hörster Parkplatz scheidet mit einer Grundstücksfläche von 8200 qm aus. Hier müsste unangemessen hoch und dicht gebaut werden, das Konzept des offenen Musik-Campus lässt sich an dieser Stelle nicht realisieren.“ Die Verwaltung schlägt vor, das große Entwicklungspotenzial dieses Standorts in einem Quartiersentwicklungsprozess für das Martiniviertel und den Hörster Parkplatz zu erschließen.
Auch eine Realisierung im Bereich des südlichen Schlossplatzes (Universitäts-Parkplatz) und auf der Grünfläche von ehemaligem Lindenhof und altem Zoo wird nicht empfohlen. Rechnet man diese Flächen zusammen, könnten sie als Teilstandorte für einen Musik-Campus dienen. Die räumliche Trennung der Campus-Gebäude würde der Projektphilosophie jedoch ausdrücklich widersprechen.
Die 16 200 qm Fläche der alten Pharmazie an der Ecke Einsteinstraße/Hittorfstraße ist groß genug, um das Campus-Ensemble zu realisieren. Die Verwaltung schlägt vor, für diesen Standort vertiefende Analysen durchzuführen. Zugleich sollen Raum-, Funktions- und Nutzungskonzepte sowie ein Modell für die Trägerschaft und den Betrieb entwickelt werden.