Haushaltsentwurf für das Jahr 2021

»Corona kostet die Stadt 55 Millionen Euro im Jahr«

Die Corona-Pandemie setzt nicht nur Gastronomen, Krankenhäuser und die Veranstaltungsbranche unter Druck, sondern auch den städtischen Haushalt. Wie Oberbürgermeister Markus Lewe bei einem Pressegespräch erklärte, schlägt die Pandemie in diesem Jahr ein 55 Millionen Euro großes Loch in die Stadtkasse, im kommenden Jahr geht man von einem gleich großen Betrag aus.

Für rund 20 Millionen Euro in diesem Jahr dürfte es eine Kompensation geben, weil sich der Bund bereit erklärt hat, wegfallende Gewerbesteuereinnahmen auszugleichen. Für das kommende Jahr besteht bislang „nur“ die Möglichkeit, buchhalterisch die Belastung separat auszuweisen und dann über einen Zeitraum von 50 Jahren abzuschreiben.

Defizit von 67 Millionen Euro

Der Haushalt 2021 hat nach Angaben der Kämmerin Christine Zeller ein Volumen von 1,34 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr 2020 plant die Stadt mit knapp 1,31 Milliarden Euro. Das Defizit 2021 beträgt 67 Millionen Euro, davon – wie gesagt – 55 Millionen Euro coronabedingt.

Sowohl Lewe als auch Zeller zeigten sich zuversichtlich, dass die Stadt Münster auf absehbare Zeit nicht in die Haushaltssicherung abrutsche und somit ihre finanzpolitische Souveränität behalte. Sie führten das darauf zurück, dass Kredite weiterhin für Investitionsvorhaben aufgenommen werden und Kassenkredite (der „Dispo“ für die Kämmerei) zur Deckung laufender Ausgaben nicht erforderlich seien.

Gewerbesteuer als wichtigste Steuerquelle

Zugleich zeigte sich die Kämmerin aber auch überzeugt, dass „Rekordergebnisse“ in den vergangenen Jahren beim Gewerbesteueraufkommen nicht mehr zu erreichen seien. Das Gewerbesteueraufkommen, das 2018 in Münster auf einen historischen Höchstwert von 344 Millionen Euro kletterte, ist die wichtigste Steuerquelle der Stadt. Insgesamt geht die Stadt von einem um 45 Millionen Euro schrumpfenden Steuerkuchen aus (602 Millionen Euro statt 647 Millionen Euro in diesem Jahr). Nachdem die Stadt Münster in den vergangenen Jahren 1000 neue Stellen geschaffen hat, vor allem im Bereich der Kinderbetreuung, sieht der aktuelle Stellenplan keine Steigerung mehr vor.

Keine Abstriche möchte die Stadt bei ihrer Investitionsplanung der Jahre 2021 bis 2024 machen. Das Volume liegt bei 1,2 Milliarden Euro. Hier die Liste der wichtigsten Investitionsvorhaben: Kläranlage (117 Millionen Euro), Mathilde-Anne-Gesamtschule (70), Velorouten in der Stadtregion (53), Musik-Campus (46), Stadion (40), Innensanierung des Stadthauses 1 (39), Sanierung Schlaun-Gymnasium (37), Unterführung Heroldstraße (32), Neubau der Matthias-Claudius-Schule (27), Feuerwache 3 (26).

Der Haushalt wurde am Mittwochabend im Rat eingebracht und soll im Frühjahr 2021 verabschiedet werden.

Städtischer Schuldenstand liegt bei 790 Millionen Euro

Bei der Haushaltspressekonferenz mit Oberbürgermeister Markus Lewe und Stadtkämmerin Christine Zeller wurden viele Zahlen genannt. Anders als in den Vorjahren gab es aber keine Unterlagen zum Schuldenstand und zur Schuldenentwicklung beim städtischen Haushalt. Erst auf Nachfrage erklärte Zeller, dass der Schuldenstand bei 790 Millionen Euro liege.

Diese Angabe führte zu einer Nachfrage, da bei der Haushaltspressekonferenz des vergangenen Jahres für den Stichtag 31. Dezember 2018 ein Schuldenstand von 871 Millionen Euro angeben wurde. Der damalige Kämmerer Alfons Reinkemeier prognostizierte ein Überspringen der Milliardengrenze zum Jahreswechsel 2019/2020. Ist also der Schuldenstand der Stadt Münster gesunken?

Eine schwierige Frage. Unbestreitbar ist, dass das historisch niedrige Zinsniveau der neuen Kämmerin in die Hände spielt und den Schuldenabbau erleichtert. Darüber hinaus geht es auch um eine Definitionsfrage. Laut Zeller bezieht sich die von ihr genannte Zahl auf den Schuldenstand „im Konzern Stadt Münster“. Zu diesem Konzern gehören auch Tochterunternehmen wie Stadtwerke, WBI oder Wohn- und Stadtbau. Sprich: Die Schulden werden auf mehr Schultern verteilt.

Die rechtliche Basis für eine solche Berechnung, so Zeller weiter, liefere ein Erlass des Landes NRW aus dem Jahr 2017. Laut dieser Berechnungsgrundlage hätte Zeller-Vorgänger Reinkemeier den Schuldenstand der Stadt Ende 2018 mit 787 statt mit 871 Millionen Euro angeben können. Die für ihn angenehmere Zahl packte er aber nur ins Kleingedruckte.

_________________

Kommentar: Münster hat’s doch

Man stelle sich Folgendes vor: Die Kanzlerin tritt vor die Presse, referiert ausgiebig über die dramatische Corona-Situation – und hebt dann alle Restriktionen auf. Ein weiterer Lockdown, so ihr Argument, sei den Menschen nicht zumutbar. Erforderlich sei in dieser harten Zeit ein Signal der Großzügigkeit und eine Perspektive für die Zukunft.

Undenkbar! Aber nicht in Münster: Da referieren Oberbürgermeister und Kämmerin ausgiebig über die coronabedingten Finanzprobleme der Stadt, die sich noch verschärfen, wenn die schuldengestützten Haushalte von Bund und Land die bislang gewohnte Förderung der Kommunen nicht mehr hergeben. Aber dann wird die Wunschliste wieder runtergebetet: Stadion, Musik-Campus und ein sündhaft teures Schlaun-Gymnasium. Na klar: Erforderlich ist in dieser harten Zeit ein Signal der Großzügigkeit und eine Perspektive für die Zukunft. Im Rathaus fragt man bestimmt: Warum nur ist die Kanzlerin so verzagt?

Kommentar: Stadt stellt eine Million Euro für Impfzentrum bereit

Der Rat der Stadt Münster hat in der Sitzung am Mittwochabend einer Übergangsfinanzierung für den Aufbau des Corona-Impfzentrums in der Halle Münsterland zugestimmt. Der Beschluss ermöglicht die Vorfinanzierung für Aufbau und Betrieb der Einrichtung in Höhe von zunächst einer Million Euro, teilte die Stadt am Abend mit. Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer sagte: „Dieser Ausgabenblock war bei der Haushaltsauftellung nicht absehbar und ist in seiner abschließenden Höhe auch jetzt noch nicht präzise kalkulierbar.“ Unter anderem sei noch unklar, wie lange das Impfzentrum in Betrieb bleiben müsse. Am Freitag will die Stadt weitere Details zu dem Thema bekanntgeben. Das Zentrum soll in der kommenden Woche funktionsbereit sein.